Gesundheitswesen 2013; 75 - A40
DOI: 10.1055/s-0033-1354031

Messung des subjektiven Sozialstatus in sozialepidemiologischen Studien: Konstruktvalidität einer deutschsprachigen Version der MacArthur Scale

J Hoebel 1, S Müters 1, B Kuntz 1, R Schilling 1, C Lange 1, T Lampert 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: In der internationalen Public Health-Forschung wird seit einigen Jahren die MacArthur Scale eingesetzt, um den subjektiven Sozialstatus von Befragten zu erfassen. Die Studien zeigen weitgehend übereinstimmend, dass der subjektive Sozialstatus auch nach Adjustierung objektiver Statusmerkmale (Bildung, Berufsstatus, Einkommen) mit der gesundheitlichen Lage assoziiert ist [1,2]. In der GEDA-Projektstudie 2.0 wurde erstmalig eine deutschsprachige Version der MacArthur Scale eingesetzt, deren Konstruktvalidität in diesem Beitrag untersucht wird. Methoden: Im Rahmen der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA) des Robert Koch-Instituts wurde die Projektstudie GEDA 2.0 durchgeführt, um neue methodische Ansätze und Instrumente zu testen. Die Studie basiert auf einer Zufallsstichprobe von Personen ab 18 Jahren. Insgesamt wurden 1 571 Männer und Frauen im Herbst 2012 schriftlich-postalisch, online und telefonisch befragt. Der subjektive Sozialstatus wurde mit der 10-stufigen MacArthur Scale erfasst, bei der sich die Befragten selbst im „Oben und Unten“ der Gesellschaft einordnen. Die konvergente Validität der MacArthur Scale wird mithilfe von Korrelationen mit konstruktverwandten Indikatoren analysiert: sozioökonomischer Status-Index, CASMIN-Bildungsklassifikation, ISEI-Berufsstatus, Netto-Äquivalenzeinkommen und selbsteingeschätzter Lebensstandard. Die divergente Validität wird anhand von Korrelationen mit konstruktfremden Indikatoren beurteilt: soziale Unterstützung (Oslo-Social-Support-Scale), depressive Symptomatik (PHQ-8) und subjektives Wohlbefinden (WHO-5). Darüber hinaus wird die faktorielle Validität mithilfe von explorativen Faktorenanalysen untersucht. Mittels logistischer Regressionen wird zudem analysiert, inwieweit der subjektive Sozialstatus nach Adjustierung objektiver Statusmerkmale mit Gesundheitsindikatoren assoziiert ist. Ergebnisse: Bei Männern und Frauen weist die MacArthur Scale die stärksten Korrelationen mit dem sozioökonomischen Status-Index auf (Männer: r = 0,60 p < 0,001 Frauen: r = 0,52 p < 0,001). Unter den drei Einzelindikatoren des Status-Index korreliert die Einkommensposition bei Männern und Frauen am stärksten mit der MacArthur Scale (Männer: r = 0,56, p < 0,001 Frauen: r = 0,47 p < 0,001), gefolgt vom Berufsstatus (Männer: r = 0,43, p < 0,001 Frauen: r = 0,41 p < 0,001) und dem Bildungsstand (Männer: r = 0,39, p < 0,001 Frauen: r = 0,32 p < 0,001). Die Korrelationen mit dem selbsteingeschätzten Lebensstandard der Befragten betragen r = 0,49 (p < 0,001) bei Männern und r = 0,46 (p < 0,001) bei Frauen. Niedrigere Korrelationen bestehen zwischen der MacArthur Scale und dem Ausmaß an sozialer Unterstützung (Männer: r = 0,24 p < 0,001 Frauen: r = 0,26 p < 0,001), dem Depressionssymptom Niedergeschlagenheit (Männer: r =-0,24, p < 0,001 Frauen: r =-0,28 p < 0,001) und zwei Items des subjektiven Wohlbefindens (Frohsinn: Männer: r = 0,25, p < 0,001 Frauen: r = 0,29 p < 0,001 Interesse an alltäglichen Dingen: Männer: r = 0,24, p < 0,001 Frauen: r = 0,23 p < 0,001). Die Faktorenanalysen zeigen, dass die MacArthur Scale stark auf einen gemeinsamen Faktor mit den konstruktverwandten Indikatoren lädt (Männer: FL = 0,72 Frauen FL = 0,67) und nur sehr geringe Fremdladungen auf die Faktoren Depressivität und subjektives Wohlbefinden aufweist. Zudem bleibt ein niedrigerer subjektiver Sozialstatus auch nach Adjustierung für Alter und die objektiven Statusindikatoren Bildung, Berufsstatus und Einkommen mit einigen Indikatoren des Gesundheitszustands assoziiert (z.B. Diabetes mellitus bei Männern: OR = 1,21 95% KI 1,001 – 1,47 p < 0,05 Adipositas bei Frauen: OR = 1,17 95%-KI 1,01 – 1,36 p < 0,05). Schlussfolgerungen: Diese Ergebnisse sprechen für die Konstruktvalidität der deutschsprachigen Version der MacArthur Scale. Zudem stimmen die Ergebnisse mit den internationalen Befunden überein, dass der subjektive Sozialstatus auch nach Adjustierung objektiver Statusmerkmale mit Indikatoren des Gesundheitszustands assoziiert bleibt. Zukünftig sollte untersucht werden, ob diese Ergebnisse dadurch zu erklären sind, dass mit dem subjektiven Sozialstatus zusätzliche Aspekte der sozioökonomischen Lage erfasst werden, die mit konventionellen Statusindikatoren nicht abgebildet werden.