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Erschöpfung und Engagement im Studium

Eine Anwendung des Job Demands-Resources Modells

Published Online:https://doi.org/10.1026/0943-8149/a000153

Abstract

Zusammenfassung. Das in der arbeitspsychologischen Forschung gut etablierte Job Demands-Resources Modell (Demerouti, Bakker, Nachreiner & Schaufeli, 2001) bewährt sich auch im Studienkontext. Analog zu den Annahmen dieses Modells werden bezogen auf das Studium zwei parallel ablaufende Prozesse angenommen: ein Pfad der Gesundheitsbeeinträchtigung, in dem Anforderungen im Studium vermittelt durch Erschöpfung zu gesundheitlichen Einbußen führen und ein motivationaler Pfad, bei dem Ressourcen vermittelt über Engagement zu einem Zugewinn an Gesundheit führen. Für die Analysen wurden Daten von 808 Studierenden genutzt. Sie gaben Auskunft zu ihrem Erschöpfungserleben, ihrem Engagement, ihrer Wahrnehmung und Bewertung von Anforderungen und Ressourcen im Studium sowie ihrem Wohlbefinden. Die oben skizzierten Wirkmechanismen wurden in einem Strukturgleichungsmodell geprüft. Wahrgenommene Anforderungen im Studium sind hypothesenkonform mit Erschöpfung (ß = .79) und darüber invers mit Beeinträchtigungen des Wohlbefindens (ß = -.53) assoziiert, eine gute Ressourcenausstattung hingegen korreliert mit Engagement (ß = .78) sowie positiv mit dem Wohlbefinden (ß = .32). Das Modell parallel ablaufender Prozesse ist akzeptabel an die Daten angepasst. Ein Modell mit kreuzweiser Verschränkung der Pfade von Ressourcen auf Erschöpfung und von Anforderungen auf Engagement bringt gegenüber dem Ausgangsmodell parallel ablaufender Prozesse einen leichten Zugewinn. Die Korrelation zwischen Ressourcen im Studium und Erschöpfung (ß = -.18) erwies sich zwar als signifikant, nicht aber die zwischen Anforderungen im Studium und Engagement (ß = .02).

Exhaustion and Engagement in University Students: An Application of the Job Demands–Resources Model

Abstract. The aim of this study was to analyze the relationship between perceived study demands, resources, exhaustion, and engagement in university students. According to the assumptions of the job demands–resources model (JD-R; Demerouti, Bakker, Nachreiner, & Schaufeli 2001), two concurrent processes were adopted in this study: (a) a health impairment process, where study demands – mediated by exhaustion – lead to ill health, and (b) a motivational path, where study resources lead to health gains mediated through engagement. Data were collected from 808 students who completed an online survey. The survey gathered information on participants’ experiences of exhaustion, level of engagement, perception of study demands and resources, and their well-being. Structural equation modeling was used to test the assumptions of the JD-R model and the model of parallel processes fit acceptable with the data. Perceived study demands were associated with exhaustion (β = -.79) and with reduced well-being (β = -.53), mediated through exhaustion. Resources were correlated with student engagement (β = .78) and well-being (β = .32), mediated through student engagement. A crosswise extension of the JD-R model in which demands were additionally associated with study engagement and resources were correlated with exhaustion showed a small increase in the model fit. The estimated coefficient from study resources on exhaustion was statistically significant (β = -.18) whereas the one from study demands on engagement was not (β = .02).

„Macht der Bachelor wirklich krank?“ betitelten Gumz, Brähler und Eries (2011) ihren Artikel zur Gesundheit Studierender. Dieser Titel steht nur stellvertretend für viele Studien zur Gesundheit Studierender, in denen Burnout (Gusy, Lohmann & Drewes, 2010), Frustration (Montero-Marín, Piva Demarzo, Stapinski, Gili & García-Campayo, 2014), Arbeitsstörungen (Gumz, Brähler & Erices, 2012) sowie psychische Störungen (Holm-Hadulla, Hofmann, Sperth & Funke, 2009) pathogene Endpunkte des alltäglichen Stresses Studierender vor dem Hintergrund entsprechender Theorien markieren. In letzter Zeit verschiebt sich das Interesse zunehmend in Richtung positiver Endpunkte wie z. B. Wohlbefinden (Cotton, 2002; Pluut, Curçeu & Ilies, 2015), Lebensqualität (Den Dulk, Bäck-Wiklund, Lewis & Redai, 2011) sowie studienbezogenem Engagement (Bakker, 2015). Geforscht wird nicht nur zu prädizierenden Merkmalen für diese Facetten von Gesundheit sondern es werden auch Wirkmodelle (weiter) entwickelt, die diese Merkmale integrieren. Zu diesen zählen das Demand-Control Modell von Karasek und Theorell (1990) sowie das Job Demands-Resources Modell (JD-R Modell) von Demerouti und Bakker (2001). Diese Modelle werden seit kurzem nicht nur auf die Arbeitswelt sondern auch auf ein Studium angewendet (Bakker, Sanz Vergel & Knutze, 2015; Mokgele & Rothmann, 2014; Osedach, 2013; Schmidt, Sieverding, Scheiter & Obergfell, 2013). Sie bieten den Vorteil, dass die Bedeutung spezifischer Aspekte der Studiensituation (Anforderungen, Ressourcen) für die Gesundheit Studierender expliziert wird. Da die bisherigen empirischen Studien zum JD-R Modell im Studium nur Ausschnitte des Modells prüften, ist es Ziel dieses Beitrags, das Wirkgefüge insgesamt zu analysieren.

Eine Anwendung des Job Demands-Resources Modell (JD-R) auf das Studium

Die Anwendbarkeit eines in der arbeitspsychologischen Forschung etablierten Modells auf das Studium gründet sich auf Ähnlichkeiten zwischen einer Arbeitstätigkeit und einem Studium. Der zeitliche Aufwand für ein Vollzeitstudium ist ähnlich hoch wie der einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit (Middendorf, Apolinarsky & Posowski, 2013). Ein Studium beinhaltet ähnlich wie eine Erwerbsarbeit Aufgaben, deren Bearbeitung bestimmte Kompetenzen voraussetzen und für die ein Zeitrahmen vorgegeben ist (Cotton, Dollard & Jone, 2002; Pluut, Curçeu & Ilies, 2015). Das Arbeitsergebnis wird auch im Studium bewertet, die Gratifikation besteht in der Regel in der Benotung. Im Unterschied zu einer Erwerbstätigkeit, die monatlich entlohnt wird, lassen sich durch ein Studium erworbene Qualifikationen häufig erst nach Abschluss des Studiums vermarkten.

Das JD-R Modell ermöglicht Erklärungen dafür, warum einige Studierende bei hohen Anforderungen im Studium mit Erschöpfung reagieren, andere hingegen engagiert bleiben. Erklären lässt sich dies durch das Zusammenwirken von Anforderungen und Ressourcen der Studiensituation. Als Anforderungen werden in diesem Kontext alle potenziell belastenden physischen, psychischen, sozialen oder organisationalen Merkmale eines Studiums bezeichnet, die die Bewältigungsmöglichkeiten Studierender beanspruchen. Dazu zählen eine hohe Arbeitsmenge, suboptimal gestaltete Studiengänge und -umgebungen sowie der Umgang mit schwierigen Kommilitonen. Ressourcen im Studium hingegen kennzeichnen alle physischen, psychischen, sozialen oder organisationalen Merkmale eines Studiums, die die Bewältigung der Anforderungen bzw. der damit verbundenen Kosten erleichtern, studienbezogene Ziele erreichbar machen bzw. die Persönlichkeitsentwicklung fördern. Als Beispiele für Ressourcen gelten u. a. Handlungsspielräume, soziale Unterstützung, Entwicklungsmöglichkeiten und Rückmeldung über Arbeitsergebnisse (Bakker, Demerouti & Sanz-Vergel, 2014).

Zwei zentrale Komponenten des JD-R Modells sind Burnout und Engagement, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird. Burnout wird in dieser Studie nicht im Sinne von Maslach und Jackson (1981) als Antwort auf chronischen zwischenmenschlichen Stress verstanden, sondern im Sinne von Kwant und Kollegen (2004) als fortschreitender Verlust von Energie und Enthusiasmus auch von Personen, die nicht in kontaktintensiven Berufen arbeiten. Dieses wird auch in der dritten Auflage des Maslach Burnout Inventory deutlich, die eine neue Version, den General Survey (MBI-GS), enthält. Sie wurde konzipiert für Berufstätige, die weder in sozialen Berufen noch als Lehrer tätig sind (Maslach, Jackson & Leiter, 1996). Anders als in den beiden anderen Versionen des MBI wird hier die ursprünglich mit emotionaler Erschöpfung bezeichnete Subskala nur mit Erschöpfung etikettiert. Auch konkurrierende Messinstrumente wie das Oldenburger Burnout Inventar (OLBI), das vielen Studien der Arbeitsgruppe um Demerouti oder Bakker zugrunde liegt, fasst Erschöpfung als fortschreitenden Verlust von Energie (Demerouti, Nachreiner, Bakker & Schaufeli, 2001). In der Mealmed-Shirom Burnout Measure wird physische und kognitive Ermüdung erhoben (SMBM; Shirom & Melmed, 2006). Burnout ist in diesem Verständnis eine (kurzfristige) Belastungsreaktion, die nur im Falle fehlender Erholungsmöglichkeiten bzw. dauerhaft zu hoher Anforderungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. In der vorliegenden Studie wird analog zum Vorgehen von Demerouti und Kollegen (2001) ausschließlich das Initialsymptom der Erschöpfung betrachtet.

Mit Engagement bezeichnen Maslach und Leiter (1997) den Gegenpol von Burnout, einen durch Energie, Verstrickung und Leistungsfähigkeit gekennzeichneten Zustand. Schaufeli und Bakker (2003) argumentieren dafür, Engagement als einen eigenständigen von Burnout losgelösten positiven, erfüllenden psychischen Zustand zu fassen, der durch Vitalität, Hingabe und Vereinnahmung gekennzeichnet ist. Dieses sind die konstituierenden Dimensionen der Utrecht Work Engagement Scale, die es auch in einer Version für Studierende gibt (UWES-SS; Schaufeli & Bakker, 2003).

Dem JD-R Modell entsprechend werden auch für das Studium zwei parallel ablaufende Prozesse angenommen, ein gesundheitsbeeinträchtigender und ein motivationaler. Übersteigen die Anforderungen im Studium die Bewältigungsmöglichkeiten, erschöpfen sie die Energiereserven der Studierenden. Ressourcen wirken hingegen motivierend und fördern das Engagement. Darüber hinaus wird postuliert, dass Erschöpfung und Engagement die Beziehung zwischen Studienbedingungen (Anforderungen, Ressourcen) und gesundheits- bzw. studienbezogenen Outcomes mediieren. Sind die Anforderungen dauerhaft zu hoch und ist eine ausreichende Erholung von der Erschöpfung nicht möglich, beeinträchtigt dies die gesundheits- bzw. studienbezogenen Outcomes, zu denen Leistungsfähigkeit sowie das Wohlbefinden gezählt werden. Ein gutes Ressourcenpolster hingegen fördert das Engagement und begünstigt die Leistungsfähigkeit bzw. das Wohlbefinden. In den bisher durchgeführten Studien wird die Leistungsfähigkeit operationalisiert über den Studienerfolg (Bakker, Vergel & Kuntze, 2015; Osedach, 2013), die Leistung (Wilson & Sheetz, 2010; Pluut, Curşeu & Ilies, 2015), bzw. das Einhalten von Zeitvorgaben. Als Gesundheitsindikatoren werden die Studienzufriedenheit (Osedach, 2013), körperliche Beschwerden, Missbefinden, psychische Beeinträchtigung und Lebenszufriedenheit (Mokgele & Rothmann, 2014) sowie die Balance zwischen Studium und Freizeit untersucht (Pluut, Curşeu & Ilies, 2015).

Osedach (2013) sowie Mokgele und Rothmann (2014) untersuchten die Annahmen des JD-R Modells bezogen auf das Studium in Strukturgleichungsmodellen (Osedach, 2013; Mokgele & Rothmann, 2014). In beiden Modellen konnte der gesundheitsbeeinträchtigende Pfad von Anforderungen auf psychisches Befinden mediiert über Burnout bestätigt werden. Nur durch die Ergebnisse der Analysen von Mokgele und Rothmann (2014) hingegen ist die Annahme eines motivationalen Pfades gestützt, in dem Ressourcen das psychische Befinden mediiert durch Engagement fördern. Die Gütemaße zur Evaluation der Strukturgleichungsmodelle liegen mit .93 (CFI; Osedach, 2013) und .91 (CFI; Mokgele & Rothmann, 2014) unterhalb der Empfehlungen von Schermelleh-Engel und Kollegen (2003) für ein akzeptables Modell. In der Fassung von Ressourcen und Anforderungen im Studium sowie auch in der Messung des psychischen Befindens unterscheiden sich die beiden Studien stark voneinander. In einer weiteren Querschnittstudie konnten Pluut, Curşeu und Ilies (2015) in Übereinstimmung mit dem JD-R Modell erwartungskonforme Assoziationen zwischen studienbezogenen Stressoren und der Studienleistung zeigen.

Die Anordnung der Variablen des gesundheitsbeeinträchtigenden und motivationalen Pfades wurde in verschiedenen Längsschnittstudien meist für den Anwendungsbereich der Erwerbsarbeit geprüft. Es liegen dazu vier systematische Reviews vor (Christian, 2011; Halbesleben, 2010; Mauno, 2010; Nahrgang, 2011). Hohe Anforderungen begünstigen Burnout. Burnout, verstanden als Erschöpfungsreaktion auf zu hohe Anforderungen, führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Verschiedene Ressourcen (Handlungsspielraum, soziale Unterstützung) fördern das Engagement (global), für Rückmeldung, Kreativität und organisationales Klima gibt es Zusammenhänge nur mit einzelnen Subdimensionen des Engagements (Vitalität, Hingabe). Empirisch bestätigt werden konnte auch die Wirkung von Engagement auf das Commitment, die Leistung, Gesundheit und auf Fluktuation. Zur Bestätigung der mediierenden Wirkung von Burnout und Engagement wären eigentlich Studien mit mindestens drei Messzeitpunkten erforderlich (Dormann, 2010). Dieses Studiendesign realisierten Barbier, Dardenne und Hansez (2013) und konnten die Annahmen des gesundheitsbeeinträchtigenden Pfades im Längsschnitt bestätigen.

Obwohl die Autoren des dualen Prozessmodells einen Zusammenhang zwischen Anforderungen und Ressourcen annehmen, ist ein direkter Pfad von Ressourcen auf Burnout sowie von Anforderungen auf studienbezogenes Engagement nicht vorgesehen. Mokgele und Rothmann (2014) konnten diesen Puffereffekt von Ressourcen auf Burnout im Studium nachweisen. Auch andere Autoren finden Belege für diesen Zusammenhang in der Arbeitswelt (Schaufeli & Bakker, 2004). Hakanen, Schaufeli und Ahola (2008) weisen in ihrer Längsschnittstudie auf einen unerwarteten Befund hin. Sie fanden einen schwachen Pfad von Anforderungen in der Arbeit auf Engagement (ß = -.05; p < .05). In Einklang mit Mauno (2007) argumentieren sie dafür, dass hohe Anforderungen auch direkt auf zwei der drei Subdimensionen von Engagement (Vitalität und Hingabe) wirken.

In den verschiedenen empirischen Arbeiten wurden jeweils nur Ausschnitte des dem JD-R Modell im Studium zugrundeliegenden Hypothesengefüges untersucht bzw. bestätigt. Die Ergebnisse zum motivationalen Prozess sind widersprüchlich. Auch die Frage eines möglichen Zusammenhangs von Ressourcen mit Burnout bzw. von Anforderungen mit Engagement wird unterschiedlich beantwortet. Eine (vollständige) Mediation der Wirkung von Anforderungen auf gesundheits- bzw. studienbezogene Outcomes durch Burnout sowie der Wirkung von Ressourcen auf gesundheits- bzw. studienbezogene Outcomes durch Engagement wurde bislang nicht geprüft.

Fragestellung der Arbeit

Es ist das Ziel der hier folgenden Analysen, die Anwendbarkeit des JD-R Modells auf das Studium zu belegen. Dabei geht es zum einen darum die gesamte Breite des Modells unter Berücksichtigung unterschiedlicher Ressourcen und Anforderungen abzubilden und zum anderen die mediierende Wirkung von Erschöpfung und Engagement mit zu modellieren. Die Anwendung des Modells auf einen anderen Kontext – statt Arbeit Studium – wird im Folgenden durch eine Namensänderung in Study Demands-Resources Modell (kurz SD-R Modell) kenntlich gemacht (in Anlehnung an Mokgele & Rothmann, 2014).

In einem ersten Schritt werden – wie im JD-R Ausgangsmodell – zwei parallel ablaufende Prozesse formuliert (Modell 1; Abb. 1). Im Prozess der Gesundheitsbeeinträchtigung begünstigen wahrgenommene hohe Anforderungen im Studium Erschöpfung (Hypothese 1a). Erschöpfung wiederum ist mit Einbußen des Wohlbefindens als gesundheitsbezogenes Outcome assoziiert (Hypothese 1b). Im motivationalen Prozess wird postuliert, dass eine gute Ressourcenausstattung im Studium das Engagement stärkt (Hypothese 2a) und dass ein hohes Engagement das Wohlbefinden begünstigt (Hypothese 2b). Der Zusammenhang zwischen studienbezogenen Anforderungen und Ressourcen mit Wohlbefinden soll vollständig durch Erschöpfung bzw. Engagement mediiert werden.

Abbildung 1 Das Study Demands-Resources Modell (SD-R Modell, in Anlehnung an Bakker & Demerouti, 2007; Schaufeli & Bakker 2004). Anmerkung: Modell 1: durchgezogene Pfeile. Modell 2: durchgezogene und gestrichelte Pfeile

In einem zweiten Modell wird die Plausibilität der Unabhängigkeit beider Wirkmechanismen untersucht (Modell 2; Abb. 1). Es wird geprüft ob studienbezogene Ressourcen darüber hinaus das Erschöpfungsrisiko senken (Hypothese 3a) und, ob studienbezogene Anforderungen negativ mit Engagement assoziiert sind (Hypothese 3b).

Die vorab formulierten Annahmen des SD-R Modells werden in Strukturgleichungsmodellen simultan geprüft. Abschließend wird verglichen, ob das erweiterte Modell (Modell 2) dem Ausgangsmodell (Modell 1) überlegen ist.

Methode

Stichprobe und Datenerhebung

Zu der Studie aus dem Jahr 2008 wurde on- und offline eingeladen. Die Erhebung fand im Januar, also während des Semesters und vor dem Prüfungszeitraum (Februar) statt. 4.040 Studierende besuchten die Startseite der Befragung, 1.883 füllten den Online-Fragebogen komplett aus. Die Teilnehmer wurden zufällig zwei verschiedenen Studienarmen zugewiesen, einer davon enthielt die Instrumente, die für die folgenden Analysen genutzt werden. Die 808 Studierenden, deren Daten hier genutzt wurden, waren im Mittel 24 Jahre alt (SD = 5.0), überwiegend weiblich (72.3 %) und mehrheitlich deutsche Staatsbürger (95.0 %). Die Verteilung der Studierenden auf die verschiedenen Studienfächer entsprach dem spezifischen Profil der Hochschule, in der es wenig technische Studiengänge und keine Humanmedizin gab (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1 Demografische Merkmale der Studienteilnehmer (N = 808)

In der Stichprobe waren im Vergleich zur Grundgesamtheit Frauen sowie Studierende aus geringeren Fachsemestern stärker repräsentiert.

Variablen und Messinstrumente

Die Studienteilnehmer wurden u. a. zu ihrem Burnouterleben, ihrem Engagement, ihrem Wohlbefinden und ihren Studienbedingungen befragt. Wenn möglich wurden etablierte, gut evaluierte Instrumente eingesetzt. Zur Wahrnehmung und Bewertung von Studienbedingungen gab es keine geeigneten Instrumente, aus diesem Grund wurden eigene, in Vorstudien erprobte Instrumente eingesetzt.

Erschöpfung im Studium

Erschöpfung gilt als Initialsymptom des Burnoutprozesses, welches – wenn keine Erholung möglich ist – zum Verlust des Interesses am Studium bzw. langfristig zu reduziertem Wirksamkeitserleben führt. Zur Erhebung wurde das Maslach Burnout Inventory – Student Survey genutzt (MBI-SS; Schaufeli, Martinez, Marques Pinto, Salanova & Bakker 2002; Wörfel, Gusy, Lohmann & Kleiber, 2015). Unter Bezug auf Demerouti und Kollegen (2001) wurde ausschließlich die Dimension Erschöpfung mit den zugehörigen fünf Items dieser Dimension genutzt. Die Häufigkeit des Auftretens dieser Situationen/Gefühle wurde auf einer siebenstufigen Skala von „nie“ (0) bis „täglich“ (6) angegeben (Tabelle 2). In einer Faktorenanalyse erwiesen sich die Items als eindimensional (Eigenwert: 3.58) und erklärten 72 % der Gesamtvarianz. Das Cronbachs Alpha (α) für die Skala betrug .90.

Tabelle 2 Itemstatistiken der verwendeten Skalen

Engagement im Studium

Eingesetzt wurde die für das Studium adaptierte Version der Utrecht Work Engagement Scale (UWES-S; Schaufeli & Bakker, 2003). Engagement wurde über die Dimensionen Vitalität, Hingabe und Vereinnahmung abgebildet. Vitalität bezieht sich auf Tatkraft und Ausdauer beim Studieren. Hingabe bedeutet eine starke Verstrickung in das Studium und Vereinnahmung wird beschrieben als konzentriertes Arbeiten. Die Auftretenshäufigkeit ist von „nie“ (0) bis „täglich“ (6) skaliert. Da sich die Dimensionen des Messinstruments in Faktorenanalysen der Autoren dieses Beitrags als nicht distinkt erwiesen, wurden für diese Erhebung jeweils zwei Items aus den beiden Dimensionen Hingabe und Vereinnahmung sowie eins aus Vitalität ausgewählt und zu einem Maß für Engagement zusammengefasst. Diese Kurzversion mit fünf Items erwies sich in Faktorenanalysen als eindimensional (Eigenwert: 3.87; Varianzaufklärung: 77 %) mit zufriedenstellender interner Konsistenz (α = .93; vgl. Tabelle 2).

Wahrgenommene Anforderungen im Studium

In der arbeitswissenschaftlichen Forschung relevante Konstrukte wurden ausgewählt, auf das Studium übertragen und im Berliner Anforderungs Ressourcen Inventar für Studierende zusammengeführt (BARI-S). Die Skalen wurden von den Autoren adaptiert und in Vorstudien erfolgreich erprobt (Gusy & Lohmann, 2011). Als Vorlage dienten entsprechende Items aus dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ; Nübling, Stößel, Hasselhorn, Michaelis & Hofmann, 2005) bzw. aus dem Fragebogen zur salutogenetisch subjektiven Arbeitsanalyse (SALSA; Rimann & Udris, 1997). Ausgewählt wurden die Dimensionen Zeitdruck, Überforderung im Studium sowie die Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben. Zeitliche Engpässe bei der Erledigung studienbezogener Aufgaben bildet die Dimension Zeitdruck ab. Überforderung wird mit drei Items erfasst, die die Aufgabenmenge sowie deren Bewältigbarkeit abbilden. Einschränkungen des Privatlebens durch die Anforderungen im Studienalltag, kennzeichnen die Dimension Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben (2 Items). Auf einer sechsstufigen Skala ist für alle Dimensionen die Häufigkeit des Auftretens dieser Situation im Studienalltag einzuschätzen. Die Antwortalternativen reichen von „nie“ (1) bis „immer“ (6). Die Skalen erwiesen sich in Faktorenanalysen als eindimensional mit Faktorladungen der Einzelitems größer als .50 und einer Varianzaufklärung von mehr als 50 %. Die Reliabilitäten sind angesichts der geringen Anzahl an Items akzeptabel (vgl. Tabelle 2).

Wahrgenommene Ressourcen im Studium

Als Ressourcen im Studium wurden die soziale Unterstützung durch (Mit–)Studierende und Lehrende sowie das antizipierte Qualifikationspotenzial des Studiums eingeführt. Auch diese Skalen sind Bestandteil des BARI-S, wurden von den Autoren entwickelt und geprüft (Gusy & Lohmann, 2011). Mit sozialer Unterstützung durch Studierende ist der funktionale Beistand von (Mit–)Studierenden gemeint, der sich auf den Austausch und die Rückmeldung zu Studienleistungen bezieht. Die Ansprechbarkeit für studienbezogene Fragen, die Beratung durch Lehrende sowie der Erhalt von konstruktiven Rückmeldungen durch Dozenten sind Themen der sozialen Unterstützung durch Lehrende. Die Einschätzung der Nützlichkeit der Studienhalte für eine spätere Berufstätigkeit sowie die darauf bezogenen Lernmöglichkeiten im Studium sind in der Skala zum Qualifikationspotenzial des Studiums gebündelt. Auch hier waren die Studierenden gebeten auf einer sechsstufigen Skala von „nie“ (1) bis „immer“ (6) die Häufigkeit des Vorkommens dieser Ereignisse anzugeben. Die Skalen erwiesen sich in Faktorenanalysen alle als eindimensional, die Reliabilitäten sind angesichts der geringen Itemzahl akzeptabel (vgl. Tabelle 2).

Wohlbefinden

Das subjektive Wohlbefinden wurde mit dem Marburger Fragebogen zum habituellen Wohlbefinden von Basler und Kollegen (2003) erhoben. Dieses erfasst das Wohlbefinden in einem Referenzzeitraum von zwei Wochen. Erfasst wird das Vorhandensein positiver Gefühle oder Stimmungen sowie Bewertungen im Umgang mit täglichen Anforderungen bzw. der eigenen Gesundheit. Mit 5 Items wird das Ausmaß an Zustimmung zu jeder Aussage auf einer Skala von „trifft gar nicht zu“ (1) bis „trifft völlig zu“ (6) erfragt. Die Skala erwies sich in einer Faktorenanalyse als eindimensional mit Faktorladungen die größer als .60 waren und einer Varianzaufklärung von 61 %. Die interne Konsistenz (α = .84) ist gut (vgl. Tabelle 2). Die Konstruktvalidität wurde durch Korrelationen mittlerer Höhe mit Indikatoren des körperlichen und psychischen Wohlbefindens sowie Stress- und Belastungsmaßen bestätigt. Die Änderungssensitivität wurde durch ein Interventions-Kontrollgruppendesign gezeigt, bei der die Ressourcen zur Belastungsverarbeitung gestärkt wurden (Basler, Herda & Scharfenstein, 2003).

Analysen

Das in Abbildung 1 dargestellte SD-R Modell (Modell 1) sowie das erweiterte Modell (Modell 2) wurden als Strukturgleichungsmodelle in Mplus (Version 7.1) formuliert. Zur Modellschätzung wurde die gegenüber Verletzungen der multivariaten Normalverteilung robuste Maximum Likelihood Methode (MLR) verwendet. Es lagen vollständige Datensätze von 679 Personen vor, fehlende Angaben wurden mit der Full Information Maximum Likelihood Prozedur geschätzt.

In einem ersten Schritt wurden die Messmodelle spezifiziert (vgl. Abbildung 2). Die latenten Faktoren Zeitdruck im Studium (Zd), Überforderung (Ue) und Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben (Un) wurden aus den jeweiligen Items der entsprechenden Skalen gebildet und zu einem globalen Faktor „Anforderungen im Studium“ zusammengefasst. Ressourcen im Studium bündeln die latenten Faktoren soziale Unterstützung durch Lehrende (Sl) und Studierende (Ss) sowie das wahrgenommene Qualifikationspotenzial des Studiums (Qp). Zur Bildung der Faktoren Erschöpfung (Ex) sowie Engagement (En) im Studium und Wohlbefinden (Wb) wurden die Items der jeweiligen Skalen genutzt (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3 Korrelationsmatrix der manifesten Variablen des Strukturgleichungsmodells
Abbildung 2 Standardisierte Lösung des Mess- und Strukturmodells zu Engagement und Erschöpfung im Studium (M1). Die ß-Koeffizienten im Strukturmodell sind alle signifikant

Berichtet werden absolute (Chi-Quadrat; Root Mean Square Error of Approximation, RMSEA; Standardized Root Mean Square Residual, SRMR) und relative Gütemaße (Comparative Fit Index, CFI; Tucker Lewis Index, TLI). Ein nicht signifikantes Chi-Quadrat, ein Verhältnis von Chi-Quadrat zu Freiheitsgraden von kleiner gleich 2, ein RMSEA sowie ein SRMR-Wert von kleiner als .05 sprechen für ein gutes Modell. CFI und TLI sollten dabei einen Wert von .97 überschreiten. Als akzeptabel gilt ein Modell bei einer Ratio von Chi-Quadrat zu Freiheitsgraden von kleiner gleich 3, einem RMSEA von kleiner gleich .08 und einem SRMR von kleiner gleich .10. Der CFI bzw. TLI sollte dabei nicht kleiner als .95 sein (Schermelleh-Engel, Moosbrugger & Müller, 2003). Zum Vergleich des Ausgangsmodells mit dem erweiterten Modell wird das Akaike Information Criterion (AIC) genutzt. Dieses sollte beim erweiterten Modell kleiner sein als das AIC des Vergleichsmodells (Schermelleh-Engel, Moosbrugger & Müller, 2003). Als Signifikanzniveau wurde aufgrund der Stichprobengröße das 1 % Niveau gewählt.

Ergebnisse

Messmodelle

Die Messmodelle der latenten Variablen wurden vorab geprüft. Auf diese Weise können Probleme bei den Messungen der latenten Konstrukte im Vorfeld erkannt und bearbeitet werden, bevor das Strukturmodell implementiert wird (Herting & Costner, 2000). Das Messmodell erwies sich als akzeptabel mit den Daten vereinbar (χ2 = 1450.1; df = 540; χ2/df = 2.7; p < .05; CFI = .95; TLI = .94), mit einem RSMEA von kleiner als .05 und einem SRMR von .06. Die Faktorladungen der manifesten Variablen auf den jeweiligen Faktoren waren hinreichend groß (Range: .50 – .92). Ausschließlich die Ladung eines Items zur Messung von Überforderung (Ue2) war geringer (.42). Nebenladungen auf anderen Faktoren (< .30) waren nicht substanziell. Korrelationen zwischen zwei Items des gleichen Konstrukts wurden in drei Fällen zugelassen (Sl4 mit Sl5, En4 mit En5, Ex4 mit Ex3). Die Ladungen der latenten Faktoren Überforderung, Zeitdruck und Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben auf dem Faktor Anforderungen im Studium lagen zwischen .84 und .86. Die Ladungen der Faktoren Qualifikationspotenzial des Studiums, soziale Unterstützung durch (Mit–)Studierende sowie durch Lehrende waren etwas geringer (.52 – .84).

Ausgangsmodell (Modell 1)

Daran anschließend wurde das Strukturmodell (Modell 1; Abb. 2) formuliert, in dem die Hypothesen des SD-R Modells simultan geprüft wurden. Das Strukturmodell erwies sich als akzeptabel an die Daten angepasst (N = 808; CFI = .95; TLI = .94; vgl. Tabelle 4). Der gesundheitsbeeinträchtigende Pfad, bei dem Anforderungen im Studium Erschöpfung vorhersagen (ß = .79; p < .01), war hypothesenkonform positiv und Erschöpfung war darüber hinaus negativ mit Wohlbefinden verbunden (ß = -.53; p < .01). Die Hypothesen 1a und 1b wurden somit bestätigt. Auch der indirekte Effekt von Anforderungen im Studium über Erschöpfung auf Wohlbefinden war negativ und substanziell (ß = -.69; p < .01). Ressourcen im Studium – im motivationalen Pfad – förderten hypothesenkonform das studienbezogene Engagement (ß = .78; p < .01) und dieses begünstigte wiederum das Wohlbefinden (ß = .32; p < .01). Damit wurden auch die Hypothesen 2a und 2b bestätigt. Auch der indirekte Effekt der Ressourcen über das Engagement auf das Wohlbefinden war substanziell (ß = .29; p < .01).

Tabelle 4 Vergleichende Gegenüberstellung der Anpassungsmaße der Modelle ohne und mit kreuzweisen Effekten

Erweitertes Modell (Modell 2)

Anschließend wurde das Modell erweitert um kreuzweise Pfade von Anforderungen auf Engagement und Ressourcen auf Burnout (Modell 2; vgl. Abbildung 3). Auch dieses Modell ist akzeptabel an die zugrundeliegende Datenmatrix angepasst (N = 808; CFI = .95; TLI = .94; vgl. Tabelle 4). Es zeigte sich, dass Ressourcen im Studium signifikant negativ mit Burnout assoziiert waren (ß = -.16; p < .01; Hypothese 3b), Anforderungen im Studium hingegen nicht mit dem studienbezogene Engagement korrelierten (ß = -.02; p > .05; Hypothese 3a). Hypothese 3a konnte somit bestätigt werden, nicht aber Hypothese 3b.

Abbildung 3 Standardisierte Lösung des Mess- und Strukturmodells zu Engagement und Erschöpfung im Studium mit kreuzweisen Pfaden (M2) unter Berücksichtigung eines nichtsignifikanten Effekts von Anforderungen auf Engagement im Studium. (* p < .01).

Im Modellvergleich zeigte sich, dass das erweiterte Modell ein geringeres AIC hatte und somit dem Ausgangsmodell leicht überlegen war.

Diskussion

Ziel dieser Studie war es die Anwendbarkeit des in der Arbeitswelt etablierten Job Demands-Resources Modell (JD-R Modell) auf das Studium im sog. Study Demands Resources Modell (SD-R Modell) zu prüfen. Angenommen wurde, dass ähnlich wie in der Arbeitswelt, Studienbedingungen das Engagement der Studierenden und langfristig auch das Wohlbefinden beeinflussen. Analog zur Arbeitswelt wurden Ressourcen im Studium (soziale Unterstützung durch Lehrende und Studierende, Qualifikationspotenzial des Studiums) und Anforderungen im Studium (Überforderung im Studium, Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben, Zeitdruck im Studium) operationalisiert um ihren Beitrag zur Vorhersage des Wohlbefindens prüfen zu können. Die zentralen Wirkmechanismen des SD-R Modells, ein gesundheitsbeeinträchtigender Pfad von Anforderungen auf das Wohlbefinden mediiert durch Erschöpfung und ein motivationaler Pfad von Ressourcen auf das Wohlbefinden mediiert über Engagement, konnten bestätigt werden. Dabei erwiesen sich Zeitdruck, Überforderung und Unvereinbarkeit von Studium und Privatleben als starke Prädiktoren für studienbezogene Anforderungen. Bei den Ressourcen erwies sich das antizipierte Qualifikationspotenzial als wichtigste studienbezogene Ressource mit deutlichem Abstand zur sozialen Unterstützung durch Lehrende und (Mit–)Studierende. Dies war anders als in der Studie von Mokgele und Rothmann (2014), in der die soziale Unterstützung durch Lehrende der stärkste Prädiktor der studienbezogenen Ressourcen war.

Ob Ressourcen mit Erschöpfung und Anforderungen mit Engagement korreliert sind, wie einige Autoren empirisch belegt haben, wurde in einer Modellerweiterung geprüft (Modell 2). Es zeigte sich, dass Ressourcen im Studium substanziell und negativ mit Erschöpfung korrelierten, Anforderungen im Studium hingegen nicht mit Engagement. Das Ergebnis steht damit in Einklang mit den Ergebnissen der Studie von Mokgele und Rothmann (2014), die eine deutlich höhere Assoziation zwischen studienbezogenen Ressourcen und Burnout feststellten (ß = -.50). Die Stärke des Effekts bei Rothmann und Mokgele ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Autoren – im Unterschied zum Original, dem dualen Prozessmodell von Engagement und Burnout – keine Korrelation zwischen studienbezogenen Anforderungen und Ressourcen zugelassen haben.

Im Kontrast zu bisherigen Anwendungen des SD-R Modells wurde das komplette Wirkgefüge des Modells unter Einschluss verschiedener Ressourcen und Anforderungen im Studium geprüft. Sowohl der motivationale als auch der gesundheitsbeeinträchtigende Pfad konnten bestätigt werden. Es zeigte sich ferner ein negativer Zusammenhang zwischen Ressourcen im Studium und Erschöpfung.

Den gesundheitsbeeinträchtigenden Pfad mit Burnout als Mediator zwischen Anforderungen im Studium und der Studienleistung bestätigte auch Osedach (2013). Mokgele und Rothmann (2014) wiesen zwar einen substanziellen Beitrag von Anforderungen und Ressourcen auf die subjektive Gesundheit nach, modellierten aber die Mediation von Burnout und Engagement nur in Teilen.

Dieses Ergebnis bestätigt das Hypothesengefüge des erweiterten dualen Prozessmodells von Erschöpfung und Engagement im Studium.

Limitationen

Die Analysen beruhen auf Selbstberichten von Befragten. So werden in der Befragung personenspezifische Wahrnehmungs- und Bewertungsprozesse aktiviert (common method bias), die sich sowohl in den Antworten auf die Fragen zu den Studienbedingungen als auch zu ihrem Befinden niederschlagen. Dies führt möglicherweise zu Überschätzungen der Zusammenhänge. Die habituelle Tendenz, negative Emotionen wie Ängstlichkeit, Ärger oder Depression zu erleben (negative Affektivität) ist ein Personenmerkmal, welches sowohl die Bewertung von Anforderungen im Studium als auch das Burnouterleben beeinflusst. Bakker, Demerouti und Schaufeli (2003) konnten allerdings in einer Studie bei Beschäftigten in Callcentern nachweisen, dass sich bei Kontrolle von negativer Affektivität die Beziehungen im JD-R Modell nicht substanziell ändern. Da in dieser Studie kein Maß für negative Affektivität erhoben wurde, lässt sich dies hier nicht prüfen. Der Modellprüfung liegen ferner Querschnittsdaten zugrunde, die die Modellierung einer zeitlichen Abfolge von Ursache und Wirkung nicht ermöglichen. Diese zeitliche Abfolge kann zwar aufgrund der vielfältigen, erfolgreichen, empirischen Prüfungen des Modells im Längsschnitt unterstellt werden, lässt sich aber mit Querschnittsdaten nicht absichern.

Ferner stützen sich die Analysen auf Daten von Studierenden einer Hochschule mit spezifischem Profil. Technische Studiengänge sowie die Humanmedizin sind nicht oder nur gering repräsentiert. Gesundheit ist zwar Thema bei Studierenden, wie die hohe Beteiligung belegt, es zeigt sich aber auch, dass sich Frauen und Studierende mit geringerer Studienerfahrung stärker an der Befragung beteiligten. Die Ergebnisse sind somit nicht repräsentativ für Studierende in Deutschland allgemein.

Die Studienbedingungen bilden den Rahmen eines Studiums, das Studierende mit unterschiedlichen Voraussetzungen füllen. Neben der Lernbiografie zählen dazu auch personale Faktoren wie z. B. die Selbstwirksamkeitserwartung und die Auffassungsgabe. Diese Faktoren sind in diesen Analysen bislang unberücksichtigt, könnten aber die Vorhersage des Engagements und des Burnout substanziell verbessern.

Zuletzt bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die Validierung einzelner Messinstrumente insbesondere des Berliner Anforderungs Ressourcen Inventars für Studierende noch aussteht. Die Skalen erwiesen sich zwar in vorangehenden Analysen als eindimensional und reliabel, Analysen zur diskriminanten und zur Kriteriumsvalidität stehen jedoch noch aus.

Fazit

Auch wenn die Kausalität in Folgestudien belegt werden muss, ist es in dieser Arbeit gelungen, das in der arbeitswissenschaftlichen Forschung gut etablierte und evaluierte JD-R Modell auf die Studiensituation zu übertragen und in seiner Gültigkeit zu belegen. Überforderung im Studium, Zeitdruck und geringe Vereinbarkeit zwischen Studium und Privatleben sind Risikofaktoren für Studierende, die ihr Wohlbefinden, vermittelt über Erschöpfung gefährden.

Als zentrale Ressourcen im Studium erweisen sich das antizipierte Qualifikationspotenzial sowie die soziale Unterstützung durch (Mit–)Studierende und Lehrende. Wenn Studierende davon überzeugt sind, dass das was sie an der Hochschule lernen, in ihrem späteren Berufsfeld wichtig ist, studieren sie engagierter. Wenn sie dies auch noch in einem Umfeld tun, wo sie Lehrende und (Mit–)Studierende als konstruktiv unterstützend empfinden, fördert dies darüber hinaus ihre Motivation. Dies setzt vor allem Zeit und Räume für die Interaktion zwischen Studierenden und Lehrenden auch außerhalb von Veranstaltungen voraus. Diese Zeit ist sinnvoll genutzt, wenn dadurch die Begeisterung für das Studienfach erhalten bleibt und wenn durch konstruktive Rückmeldungen zu Studienleistungen und -plänen, die Weiterentwicklung von Studierenden unter Berücksichtigung ihrer Vorstellungen ermöglicht wird.

Zu den Risikofaktoren für die Gesundheit im Studium zählen die Überforderung, der Zeitdruck im Studium sowie die Vereinbarkeit von Studium und Privatleben. So monieren Studierende die Passung zwischen ihrem Vorwissen und Veranstaltungsinhalten. Sie fühlen sich zu wenig vorbereitet auf die Aufgaben, die sie im Rahmen ihres Studiums bearbeiten sollen. Um den Zeitdruck zu verringern sollten verstärkt Arbeitstechniken sowie effiziente Arbeitsstrategien im Studium gefördert werden. Hochschulen sind ferner gut beraten den realen Zeitaufwand für das Studium zu erheben und in Studiengängen oder zu Semesterzeiten, in denen sich dieser als zu hoch erweisen sollte, die Anforderungen umzuverteilen. So kann z. B. eine Streckung der Modulprüfungen über das Semester dazu beitragen, Belastungsspitzen am Ende des Semesters zu vermeiden.

Da Gesundheitseinbußen- mit Leistungsbeeinträchtigungen einhergehen, sollten Hochschulen die Passung zwischen studienbezogenen Anforderungen und Leistungsvoraussetzungen der Studierenden verbessern. Einige Hochschulen agieren bereits in diesem Feld und dehnen ihre Aktivitäten im betrieblichen Gesundheitsmanagement auf Studierende aus.

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Dr. Dr. Burkhard Gusy, FU Berlin, AB Public Health, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, E-Mail