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Sportliche Eltern, sportliche Kinder

Die Sportbeteiligung von Vorschulkindern im Kontext sozialer Ungleichheit

Athletic parents, athletic children

Social stratification of preschool children’s participation in sports

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Sportwissenschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Von der frühen Kindheit an werden einige Kinder von ihren Eltern zu einem sportlich-aktiven Lebensstil angeregt, andere hingegen nicht. Diese Unterschiede ergeben sich nicht zufällig, sondern folgen einem sozialstrukturellen Muster: Kinder aus sozial privilegierten Elternhäusern erhalten sportbezogene Anregungen und Unterstützung mit größerer Wahrscheinlichkeit als Kinder aus bildungs- und einkommensschwachen Familien. Der Beitrag nimmt Vorschulkinder (bis 6 Jahre) in den Blick und analysiert mit Hilfe des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) die Teilnahme dieser Kinder an Kindersportangeboten. Ein beachtlicher Anteil von 41% der Kinder nutzt solche Sportangebote, wobei sich aber enorme soziale Unterschiede offenbaren. Die sozioökonomischen Ungleichheiten wirken vor allem vermittelt über den Lebensstil der Eltern: In sozial privilegierten Familien sind die Eltern selbst häufiger sportlich aktiv; und das Sporttreiben der Eltern erweist sich wiederum als der wichtigste Faktor, um die Teilnahme der Kinder am Kindersport zu erklären. Darüber hinaus sind ältere Kinder, Kinder ohne Migrationshintergrund und Kinder, die eine Kindertagesstätte besuchen, besonders häufig in Kindersportgruppen aktiv.

Abstract

Some parents foster an athletic and active lifestyle for their children from early childhood on, while others do not. These differences do not arise randomly, but rather go hand-in-hand with patterns of social stratification: Children from socially privileged families are stimulated and supported to pursue sports-related activities with a higher probability than children from families who are educationally or financially deprived. This paper focuses on preschool children (up to age 6) and analyses their participation in organised sports courses. We use data from the German Socio-Economic Panel Study (SOEP). Results show that a remarkable proportion of 41% of the children are involved in sports courses, although considerable social disparities can be identified. As our findings demonstrate, socio-economic inequality does not necessarily directly affect children’s participation in sports. Instead, the effect is mediated by their parents’ lifestyles. Socially privileged families show a higher percentage of both parents being actively engaged in sports. This, in turn, is the most significant factor in explaining children’s involvement in sports courses. Furthermore, findings indicate that older children, native German children and those who attend kindergarten feature significantly higher participation rates.

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Abb. 1

Notes

  1. Neben den gesundheitsbezogenen Entwicklungsimpulsen des Sports wird nicht selten auch auf positive Effekte für die kognitive Entwicklung verwiesen: Sport soll demnach die Sprachentwicklung, die Konzentrations- und Intelligenzleistung von Kindern fördern (vgl. Rethorst, Fleig & Willimczik, 2008; Zimmer, 2008).

  2. Die mit diesen Sportarten verbundenen Kosten für Mitgliedschaften, Sportkleidung oder Sportgeräte sind erheblich: Die durchschnittlichen jährlichen Kosten, die im Golfsport entstehen, liegen bei umgerechnet etwa 4000 Euro, während Fußballer – eine Sportart, in der untere Sozialschichten nicht unterrepräsentiert sind – nur rund 470 Euro benötigen, um ein Jahr lang ihren Sport auszuüben (Taks, Renson & Vanreusel, 1998).

  3. Schmiade und Spieß (2010) zeigen mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels, dass die Teilnahme an organisierten, außerhäusigen Aktivitäten von kleinen Kindern vom sozialen Hintergrund ihrer Eltern (z. B. Einkommen, Bildung, Migrationshintergrund) mit bestimmt wird.

  4. Die für diese Analyse verwendeten Daten sind unter der DOI 10.5684/soep.v26 dokumentiert. Die Hauptreferenz für sämtliche Fragen zum SOEP ist der Desktop Companion, herausgegeben von Haisken-DeNew und Frick (2005). Weitere Informationen zum SOEP, inklusive aller Fragebögen und ausführlicher Dokumentation, finden sich im Internet (http://www.diw.de/de/diw_02.c.222858.de/dokumente.html).

  5. Der Tabak- und Alkoholkonsum beider Elternteile wurde in einer früheren Version der Analyse ebenfalls einbezogen. Hier stellten sich aber keine Zusammenhänge zum Sporttreiben des Kindes heraus, so dass diese Informationen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht in die endgültige Analyse aufgenommen wurden.

  6. Der Vater ist dabei nicht zwingend der biologische Vater, sondern diejenige männliche Person, mit der die Mutter eine Haushaltsgemeinschaft bildet. Wir gehen davon aus, dass diese Bezugsperson einen höheren Einfluss auf die kindliche Sportnutzung hat als ein getrennt von Mutter und Kind lebender biologischer Vater.

  7. Der Migrationshintergrund des Kindes dürfte recht eng sowohl mit den sozioökonomischen Merkmalen als auch mit bestimmten Lebensstilmerkmalen der Eltern korreliert sein. Familien mit Migrationshintergrund gehören in Deutschland im Durchschnitt besonders häufig zu den bildungs- und einkommensarmen Schichten. Darüber hinaus unterscheiden sich diese Familien aber oft auch kulturell von der deutschen Bevölkerung – man denke an Werthaltungen, Religion oder Geschlechterrollen. Die Berücksichtigung des Migrationshintergrunds dürfte insofern unabhängig von sozioökonomischen Merkmalen und Lebensstilmerkmalen einen zusätzlichen Beitrag zur Erklärung der Unterschiede im Sporttreiben liefern.

  8. In den Modellen weisen wir Logit-Koeffizienten aus, welche die Veränderung des (logarithmierten) Wahrscheinlichkeitsverhältnisses angeben, dass ein Kind an einem organisierten Sportangebot teilnimmt. In unseren Kommentierungen geben wir an Stelle der abstrakten Logit-Koeffizienten punktuell Wahrscheinlichkeitsveränderungen an, mit denen sich die Stärke der Effekte leichter illustrieren lässt.

  9. Nimmt man beispielsweise an, dass 25% aller Kinder am Kindersport teilnehmen, wenn sie zum einkommensschwächsten Fünftel der Bevölkerung gehören, im Elternhaus weniger als 50 Bücher zur Verfügung stehen und die Mutter formal niedrig gebildet ist, dann ergibt sich laut Modell 1 für jene Kinder, die in einem Haushalt aufwachsen, der zum einkommensstärksten Fünftel gehört, in dem es viele Bücher gibt und die Mutter einen akademischen Abschluss erworben hat – ceteris paribus – eine entsprechende Wahrscheinlichkeit von 65%.

  10. Wir haben für diese Berechnung eine Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme am Kindersport für die Referenzgruppe (hier: Kinder, deren Eltern beide keinen Sport treiben) festgelegt, die mit 30% in etwa realistisch angesetzt ist (vgl. dazu auch Tab. 2). Nach dieser von uns getroffenen Festlegung lässt sich auf Basis der Logit-Koeffizienten im Modell 2 die Wahrscheinlichkeit schätzen, mit der ein Kind am Kindersport teilnimmt, wenn beide Elternteile selbst mindestens einmal in der Woche Sport treiben. Diese Wahrscheinlichkeit liegt dann bei 59%.

  11. Wird das Pseudo-R2 in der Version von McFadden berechnet, so zeigen bereits Werte über 0,2 eine sehr gute Anpassung des Modells an. Das Pseudo-R2 nimmt – bei gleicher Modellgüte – wesentlich niedrigere Werte an als der Determinationskoeffizient im linearen Regressionsmodell (vgl. Urban, 1993, S. 62).

  12. Prinzipiell wäre auch für die hier untersuchten Vorschulkinder eine längsschnittliche Analyse denkbar, die beispielsweise Prävalenzen und Ursachen von Transitionen zwischen Sport und Nicht-Sport untersucht. Im hier verwendeten Datensatz ist die Fallzahl derjenigen Kinder, für die in beiden Erhebungsjahren die Informationen zum organisierten Sporttreiben vorliegen, für entsprechende multivariate Analysen aber deutlich zu niedrig.

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Schmiade, N., Mutz, M. Sportliche Eltern, sportliche Kinder. Sportwiss 42, 115–125 (2012). https://doi.org/10.1007/s12662-012-0239-7

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