Die Bedeutung der zahnbezogenen Focussanierung am Fallbeispiel eines pontinen Abszesses durch Streptokokken der Viridans Gruppe

Zusammenfassung

Hintergrund

Die Sanierung von Infektionsherden im Mundbereich stellt eine wichtige Maßnahme der Prophylaxe vor immunsupprimierenden Behandlungen dar. Der vorliegende Fall zeigt die Bedeutung dieser Maßnahme, indem er darstellt, welche Folgen ein odontogener Fokus selbst bei immunkompetenten Patienten haben kann.

Fallbericht

Eine 65 Jahre alte Patientin stellte sich aufgrund halbseitiger neurologischer Ausfälle mit Hypästhesie, motorischen Einschränkungen, Schwindel und Fallneigung vor. Aufgrund einer progredienten Vigilanzverschlechterung und einer Hemiplegie erfolgten eine operative Entlastung und eine Biopsie des in der Kernspintomografie suspekten, inhomogenen Areals mit hyperintensem Randsaum. Hierbei wurde die Diagnose eines Hirnstammabszesses durch vergrünende Streptokokken der Viridans-Gruppe gesichert. Abszesse im Hirnstamm stellen nur etwa 0,6–6% der Fälle der intracraniellen Abszesse dar und sind daher ein seltenes Krankheitsbild. Enoral bestand ein deutlich reduziertes Restgebiss mit starken kariösen und parodontalen Schädigungen. Andere Foci konnten ausgeschlossen werden. Nach erneuter Abszessentlastung und chirurgischer Zahnsanierung kam es zu einem deutlichen Rückgang der Beschwerden. Die Hemiplegie blieb jedoch bestehen.

Schlussfolgerung

Auch einfache zahnärztliche Eingriffe und sogar das alleinige Vorliegen einer kariösen und parodontalen Erkrankung können zu einer Bakteriämie mit schwersten systemischen Erkrankungen führen. Generell müssen Infektionen im Oropharynxbereich ausreichend therapiert werden, um einer systemischen Ausbreitung vorzubeugen. Die Beseitigung potentieller Infektionsherde ist aufgrund der kompromittierten Abwehrlage besonders vor Chemo- oder Radiotherapie wichtig.

Abstract

Background

The treatment of infectious oral lesions is an important prophylactic procedure preceding immunsuppressive therapy. The case reported underlines the importance of this treatment by showing severe complications of an infective dental focus in an immunocompetent patient.

Case report

A 65 year old patient was referred to hospital due to neurological disorders including hypaesthesia, movement deficits, nausea and falls. Because of progressive aggravation with hemiplegia a craniotomy and biopsy of a suspicious area in the pons was performed. A brain stem abscess caused by Streptococcus viridans was diagnosed. Brain stem abscesses are very rare events who contribute to only about 0.6%–6% of all intracranial abscesses. The intraoral inspection revealed a periodontally diseased and carious affected dentition with many missing teeth. Other foci were ruled out. Because of persistency of the symptoms another operation with abscess drainage was performed. Afterwards the clinical symptoms improved but hemiplegia was still present.

Conclusions

Even minor dental procedures as well as existence of a carious or periodontal disease may cause bacteremia with severe septical implications. Patients at risk (e. g. dieases of the heart valves or diabetes) should always treated with an antibiotic prophylaxis before treatment according to the guidelines of the DGZMK. All oro-pharyngeal infectious foci have to be treated sufficiently to prevent sceptical complications. Even more important is the prophylactic treatment preceding chemo- or radiation therapy.