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Informelles Pflegepotenzial bei Älteren in Deutschland

Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung

Potential for informal care of the elderly in Germany

Results of a representative population-based survey

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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Hintergrund

Da aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl der pflegebedürftigen Personen in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird und betroffene Personen meist die häusliche Pflege präferieren, zielt diese Arbeit darauf ab, das informelle Pflegepotenzial aus der Sicht der älteren Bevölkerung in Deutschland abzubilden. Zudem werden die Prädiktoren des informellen Pflegepotenzials untersucht.

Methoden

Auf Grundlage einer repräsentativen Telefonbefragung wurden im Jahr 2015 n = 1006 ältere Personen (Mittelwert 75,2 Jahre ± Standardabweichung 6,6 Jahre; Range 65–96 Jahre) hinsichtlich des informellen Pflegepotenzials analysiert.

Ergebnisse

Es gaben 71,7 % der Befragten an, dass sie für den Fall der Pflegebedürftigkeit jemanden haben, der sich um sie kümmern könnte. Bivariat hängt das informelle Pflegepotenzial mit dem Familienstand, dem Vorhandensein von Kindern und dem subjektiven Gesundheitszustand zusammen. Darüber hinaus konnten multiple logistische Regressionen zeigen, dass das informelle Pflegepotenzial positiv mit dem Vorhandensein von Kindern („odds ratio“ [OR] 2,5; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 1,7–3,7), einer privaten Krankenversicherung (OR 1,7; 95 %-KI 1,0–2,7), der Bereitstellung informeller Pflege für Freunde/Familie (OR 1,5; 95 %-KI 1,1–2,1) und einer Pflegestufe (OR 2,3; 95 %-KI 1,1–4,8) zusammenhängt.

Schlussfolgerung

Unsere Ergebnisse zeigen, dass neben familiären Umständen auch der Krankenversichertenstatus und die Pflegestufe für das informelle Pflegepotenzial von Relevanz sind. Da v. a. familiäre Ressourcen das Bild der informellen Pflege bestimmen und von einer wachsenden geografischen Distanz der Familienverbünde auszugehen ist, ist die Entwicklung von Strategien zur Deckung des steigenden Bedarfs an informeller Pflege in den nächsten Jahrzehnten wesentlich.

Abstract

Background

It is well known that individuals in need for care prefer to live at home as long as they can. Due to demographic changes it is predicted that the need for long-term care will considerably increase in the next decades; therefore, it is important to know the potential of informal caregivers. The aim of this study was to investigate the potential for receiving informal care perceived by older individuals and predictive factors associated with it.

Methods

Data were drawn from a population-based telephone survey of the older German population (n = 1006, average age 75.2 ± 6.6 years, range 65–96 years) in 2015.

Results

In case of the need for care 71.7% of the individuals had someone who could provide informal care. The potential of informal care was bivariately associated with marital status, having children and self-rated health status. Multiple logistic regression revealed that the potential of informal care was positively associated with having children (odds ratio [OR] 2.5, 95% confidence interval [95% CI] 1.7–3.7), private health insurance (OR 1.7, 95% CI 1.0–2.7), providing informal care for family or friends (OR 1.5, 95% CI 1.1–2.1) and current need of care (OR 2.3, 95% CI 1.1–4.8).

Conclusion

Besides familial resources, the status of health insurance and the current need of care were important determinants of the potential for informal care. As familial resources are of utmost importance for informal care and it is expected that the geographical distance between family members will increase in the next decades, it is important to develop programs to meet the increasing demand for informal care.

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Abb. 1

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Danksagung

Die Autoren danken allen Teilnehmern der Befragung.

Förderung

Diese Arbeit wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (FKZ: 01EH1101B IIIB).

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Corresponding author

Correspondence to André Hajek.

Ethics declarations

Interessenkonflikt

A. Hajek, T. Lehnert, A. Wegener, S.G. Riedel-Heller und H.-H. König geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die im vorliegenden Manuskript beschriebene Befragung am Menschen wurde im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen Teilnehmenden liegt eine mündliche Einverständniserklärung vor.

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Hajek, A., Lehnert, T., Wegener, A. et al. Informelles Pflegepotenzial bei Älteren in Deutschland. Z Gerontol Geriat 51, 612–619 (2018). https://doi.org/10.1007/s00391-017-1181-y

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