Zusammenfassung
Der Begriff der Selbstorganisation wirft eine Reihe elementarer Fragen auf, die beantwortet werden möchten. Die erste und schwierigste Frage ist sicherlich die Warum-Frage: Warum sollte sich etwas selbst organisieren und nicht nicht? Warum sollte es nicht einfach unorganisiert bleiben? Desorganisierte Systeme können den Reiz des Unvorhersehbaren haben. Warum herrscht nicht maximale Entropie und maximales Chaos in unserer Welt? Warum haben sich Elementarteilchen zu Atomen und Atome zu Molekülen organisiert und schweben nicht allein und isoliert durchs Weltall? Wieso hat sich Materie im Weltall zu relativ runden Objekten zusammengerauft, die wie ein Schweizer Uhrwerk ineinandergreifen und umeinanderkreisen? Wieso hat sich auf einem dieser kugelähnlichen Objekte, genannt Erde, eine Klasse von Bedingungen zusammengebraut, die genügend Sauerstoff in der Atmosphäre, genügend flüssiges Wasser und genügend Kohlenstoff zur Verfügung stellte? Und wieso hat sich dieser Kohlenstoff und Wasserstoff zu komplexen, selbsterhaltenden Organismen zusammengetan? Einfach, weil er es konnte? Ist alles ein trial-and-error Prozess und das am besten an die Umweltbedingungen (im weitesten Sinn) angepasste System gewinnt? Gewinnt immer das komplexere System? Charles Darwin hat mit der Evolutionstheorie (eigentlich müsste es auf Deutsch „Entwicklungstheorie“ heißen) die Grundlagen für eine Selbstorganisationstheorie gelegt: Survival of the fittest bedeutet nicht, dass der mit den stärksten Muskeln überlebt, sondern derjenige, der sich am besten an seine variablen Umweltbedingungen anpasst, die Gegebenheiten der Umwelt aufnimmt und sie in etwas Eigenes umwandelt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literatur
Benseler, F., Hejl, P.M., und Köck W. F. (1980). Autopoiesis, Communication and Society. The Theory of Autopoetic Systems in the Social Sciences, Frankfurt am Main/New York: Campus.
Haken, H. (1981): Erfolgsgeheimnisse der Natur. Synergetik: Die Lehre vom Zusammenwirken. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.
Haken und Schiepek (2010). Synergetik in der Psychologie. Göttingen: Hogrefe.
Horowitz, M. J. (2017). States of Mind: Analysis of Change in Psychotheraphy. Lavergne, TN: Plenum Publishing.
Jantsch, E. (1982): Die Selbstorganisation des Universums. Vom Urknall zum menschlichen Geist. München: Hanser.
Langthaler, W. und Schiepek, G. (Hrsg.) (1998). Selbstorganisation und Dynamik in Gruppen: Beiträge zu einer systemwissenschaftlich orientierten Psychologie der Gruppe. Münster: Lit-Verlag.
Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Menning, H. (2015). Das psychische Immunsystem: Schutzschild der Seele. Göttingen: Hogrefe.
Merten, P. P. (1988). Systems simulation. The simulation of social system evolution with spiral loops. Behavioral Science, 33(2), 131-157.
Nijenhuis, E. R. S. (2016). Die Trauma-Trinität: Ignoranz - Fragilität - Kontrolle: Die Entwicklung des Traumabegriffs/traumabedingte Dissoziation: Konzept und Fakten. Göttingen :Vandenhoek und Ruprecht.
Pinker, S. (2016). Gewalt – Eine neue Geschichte der Menschheit. Frankfurt am Main: Fischer.
Prigogine, I. (1979): Vom Sein zum Werden. München: Piper.
Schiepek, G., Stöger-Schmidinger, B., Aichhorn, W., Schöller, H., und Aas, B. (2016). Systemic case formulation, individualized process monitoring, and state dynamics in a case of dissociative identity disorder. Frontiers in Psychology for Clinical Settings, 7:1545. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2016.01545.
Schulz von Thun F. (1999). Miteinander reden 1-3: Störungen und Klärungen: Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Varela, F. J., und Maturana, H. R. (1980). Autopoiesis and cognition: The realisation of the living. Dordrecht: D. Reidel.
Voigt, B. (Hrsg.) (2019). Vom Werden. Entwicklungsdynamik in Natur und Gesellschaft. München: Beatrice Voigt Edition.
von Foerster, H. (1960): On Self-Organizing Systems and their Environment. In M. C. Yovitts und S. Cameron (Eds.): Self-Organizing Systems (S. 31-50). New York: Pergamon.
Watkins, J. G., und Watkins, H. H. (2012). Ego-States - Theorie und Therapie: Ein Handbuch. Heidelberg: Carl-Auer.
Young, J. E. (2010). Kognitive Therapie von Persönlichkeitsstörungen. Tübingen: Dgvt.
Zeleny (1981): Autopoiesis. A Theory of Living Organization. New York: Elsevier.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Menning, H. (2020). Selbstorganisation in sozialen Systemen. In: Viol, K., Schöller, H., Aichhorn, W. (eds) Selbstorganisation – ein Paradigma für die Humanwissenschaften. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_4
Published:
Publisher Name: Springer, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-29905-7
Online ISBN: 978-3-658-29906-4
eBook Packages: Psychology (German Language)