Zusammenfassung
Wenn der Schimpanse ein hoch angebrachtes Ziel mit einer Kiste nicht erreicht, besteht die Möglichkeit, daß er zwei oder noch mehr Kisten aufeinandertürmt und auf diese Weise ankommt. Ob er das wirklich tut, scheint eine einzige und einfache Frage zu sein, die sich schnell entscheiden muß. Stellt man aber Versuche hierüber an, so ergibt sich alsbald, daß das Problem für den Schimpansen in zwei wohl zu unterscheidende Teilanforderungen zerfällt, deren einer er recht leicht gerecht wird, während ihm die andere ungemeine Schwierigkeiten macht. Die erste hält der (erwachsene) Mensch im voraus für das ganze Problem, wo aber für die Tiere die Schwierigkeiten erst recht anfangen, sehen wir zunächst überhaupt kein Problem. Soll in der Beschreibung diese merkwürdige Tatsache so sehr hervortreten, wie sie sich dem Beobachter in der Anschauung aufdrängt, so ist eine Trennung der Versuchsberichte nach diesem Gesichtspunkte durchaus erforderlich. Ich beginne mit der Antwort auf die Frage, die dem Menschen die einzige scheint.
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Literatur
Alle Tiere zeigten gegen den Raum, in dem die Versuche vorgenommen wurden, eine starke Abneigung, und zwar nicht, weil in ihm experimentiert wurde — dagegen hatten sie gar nichts —, sondern wegen der unerträglichen trockenen Hitze, die in ihm zumeist herrschte. Ich konnte in jenen Tagen aus äußeren Gründen nirgends sonst experimentieren, habe es aber später nach Möglichkeit vermieden. — Einige Torheiten, die hier beobachtet wurden, sind wohl zum Teil Erschöpfungssymptome.
Statt als Springstange benutzt Chica den Stock auch bisweilen zum Schlagen
Ich bemerkte erst später, daß ich in den ersten Monaten die Tiere überhaupt etwas stark anstrengte; die ihnen und dem Klima angemessene Langsamkeit des Vorgehens bildete sich erst mit der Zeit aus.
Zu große Fehler dieser Art gegenüber dem Ziel werden auch leicht und „echt“ korrigiert (vgl. Koko); hier kommt kein Formfaktor höherer Art, sondern nur „grobe Distanz“ ins Spiel.
Br löst es wohl selten „echt“; aber sehr beachtenswert erscheint mir, daß Fälle vorkommen (wie die beschriebenen), wo doch wenigstens das anschauliche Problem als solches gewissermaßen wirkt und, da die Lösung nicht eintritt, den Schimpansen in einem ratlosen Zustand festhält: Br könnte ja die zweite Kiste auch einfach auf die erste irgendwie fallen lassen und brauchte nicht zu stocken; auch Unsicherheit kann bisweilen ein gutes Zeichen sein.
Bei Fachgelehrten natürlich in allen Graden durchsetzt mit physikalischer Wissenschaft im strengen Sinn.
Sofort nach der Aufnahme ist das Unglück denn auch geschehen.
Nueva ging mit Raumformen so viel klarer um als alle andern, daß man daran denken könnte, sie hätte vielleicht auf etwas andere Art gebaut, wenn sie überhaupt bis zu Bauversuchen gekommen wäre. — Daß eine „optische Schwäche“ vorliegt, gilt deshalb auf jeden Fall, weil auch die naive „Gravitationsphysik“, die „Schwere“, zum guten Teil optisch festgelegt ist.
Derartiges kommt nur durch Zufall zustande. Niemals hat eines der Tiere einen Aufbau absichtlich nach dem Brückenprinzip gemacht, obwohl ich ihnen in mehreren Versuchen ein solches Verfahren recht nahelegte, z. B. das Ziel hoch aufhängte, links und rechts von ihm schwere, feste Sockel von vornherein aufstellte und ein starkes Brett in die Nähe brachte, so daß sie dieses nur quer hinüberzulegen brauchten, um auf ihm, in der Mitte stehend, das Ziel zu erreichen. Das Brett wurde (von Sultan und Chica) stets als Springstock gebraucht. — Ähnlich wie dieser sind auch alle sonstigen Versuche mißlungen, in denen prinzipiell das Angreifen zweier Kräfte zugleich eine Rolle spielt.
Neuere Versuche hierüber blieben unklar.
W. Stern, Ztschr. f. angew. Psychol. 1909. — F. Oetjen, Ztschr. f. Psychol. 71, I9I5.
M. Wertheimer, a. a. O. S. 93ff
Obwohl auch er sicherlich sieht, daß es „verschiedene Dinge“ sind, und, wie diese ganze Schrift zeigt, nicht etwa nur diffuse „Erlebniskomplexe“ durchmacht (vgl. Volkelt, Vorstellungen der Tiere [1914], — wo niedere Tierformen betrachtet werden). Freilich haben die Dinge des Schimpansen auch nicht alle Eigenschaften unserer Dinge.
Über „Hineinlegen“ und „Anthropomorphismus“ habe ich mich bereits genügend geäußert. Hier liegt wiederum gar nichts Mehrdeutiges vor.
Konsul ist im Oktober 1914 eingegangen.
A. Sokolowsky hat im Hagenbeckschen Tierpark eine Anzahl von Anthropoiden beobachtet („Beobachtungen über Menschenaffen“, 1908). Einige in seinem Bericht erwähnte Intelligenzleistungen der Tiere finde ich von anderen Forschern angezweifelt. Nun ist es richtig, daß ein Psychologe seine Ausdrucks weise im Beschreiben hier und da etwas vorsichtiger wählen, auch zurückhaltender im Ergänzen von nicht Beobachtetem sein würde; aber die Tatsachen im groben kommen mir nach den Erfahrungen bis zu diesem Kapitel nur wahrscheinlich vor, und der Autor hat sehr gut erkannt, daß der Anthropoide unter geeigneten Umständen durchaus einsichtig verfährt. — Vergessen wir auch nicht, daß Sokolowsky wohl zuerst angeraten hat, die Anthropoiden sollten (bei den Mängeln aller Gelegenheitsbeobachtung) in besonderen Instituten nach den Gesichtspunkten experimenteller Psychologie untersucht werden.
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Köhler, W. (1921). Werkzeugherstellung (Fortsetzung: Bauen.). In: Intelligenzprüfungen an Menschenaffen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47574-0_6
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