Zusammenfassung
Es bedarf der Versuchsumstände nicht, um den Schimpansen zu einigermaßen mannigfaltiger Verwendung der Dinge in seiner Umgebung zu veranlassen. In beweglichen, starken und großen Händen besitzt er natürliche Vermittler zwischen sich und den Gegenständen; dabei erreicht er in früherem Alter ein gewisses notwendiges Maß von Kraft und Gliederbeherrschung als das menschliche Kind. Sein Fuß, wenn schon bei weitem keine „Hinterhand“, kann doch noch einmal mit zugreifen, wo wenigstens der europäische Menschenfuß als Gehilfe gar nicht mehr in Frage kommt, und das sehr feste Gebiß leistet noch immerfort technische Unterstützung, wie sie zwar bei afrikanischen Stämmen — ich weiß nicht, ob auch sonst bei Primitiven — weit üblicher ist als bei uns, doch kaum in dem Grade wie beim Schimpansen.
Vgl. zu diesem Kapitel den Aufsatz „Zur Psychologie des Schimpansen“ (Psychologische Forschung I, 1921).
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Literatur
Ich erinnere mich, solche Schlüsse früher in der Literatur gefunden zu haben.
Vielfach sogar entschieden interessanter.
In diesem Abschnitt war 1916 noch Verschiedenes nachzutragen.
Bei der Harmlosigkeit der Tiere waren solche Ausflüge vollkommen ungefährlich; machte man sie nachdrücklich darauf aufmerksam, daß sie sich verfehlten, so gingen sie von selbst wieder nach Hause.
Die Landbevölkerung in der Umgebung der Station verwendete diese Geräte nicht.
Das Drücken mit dem Fuß ist nicht vom Menschen übernommen. Den sogenannten „Spaten“ kennt man in Teneriffa nicht.
Allgemeiner: Die Körperoberfläche wird bei den verschiedensten Anlässen mit Werkzeugen behandelt. Gießt man Wasser auf ein Tier oder ölt man seine Haut, so reibt es entweder die Flüssigkeit an einer Wand, einem Baumstamm ab, oder — und das ist sehr häufig — es rafft Stroh, einen Lappen, Papier auf und wischt sich damit ab. Blut wird bisweilen ebenso entfernt, das Betupfen von kleinen Wunden mit Spreu (auch Blättern), welche dabei mit Speichel befeuchtet zu werden pflegt, ihre Untersuchung mit Strohhalmen, kann man öfters sehen. Nachdem Tschego geschlechtsreif geworden war, wurde fast bei jeder Menstruation beobachtet, wie sie Papier, Lappen usw. benutzte, um das rinnende Blut abzutupfen. Wenn die Haut an der schwer erreichbaren Schulter juckt, wird ein Scherben, ein Stein u. dgl. genommen und damit die Stelle gekratzt.
Ich gehe hier und sonst vom eigentlichen Thema unbekümmert etwas ab, wenn sich eine Gelegenheit darbietet, vom Schimpansen ein lebendigeres Bild zu geben.
Nach Abschluß dieser Schrift: Der Vorgang wurde nochmals beobachtet. Alles geschah, wie beschrieben, nur kam als neuer Zug hinzu, daß erst Sultan und später Tercera Brotstücke nahmen, sie den Hühnern hinwarfen und dann mit großem Interesse zusahen, wie diese daran herumpickten. Das Werfen dabei war durchaus verschieden von dem weiterhin zu beschreibenden beim Angriff; statt eines Schleuderns mit Angriffsbewegungen ein ruhiges Hinwerfen unter gespanntem Hinschauen nach den herbeieilenden Hühnern. Noch einmal — ich hätte selbst nichts Derartiges erwartet; aber weder an der Tatsache noch an dem Sinn des Spieles bleibt der mindeste Zweifel. Mit anderer Nahrung als dem etwas gleichgültigeren Brot wird freilichnicht so gespielt. — Wie die Schimpansen bisweilen einander von ihrem Futter abgeben, ist an anderem Ort (Psychologische Forschung I, 1921) beschrieben.
In Erwartung eines Wurfes werden die Arme vor den Kopf gehalten, auch wird dem Feind der Rücken zugekehrt; das Vorhalten der Arme erfolgt auch auf einen. erschreckenden Knall von Raketen oder Schüssen hin.
An einem kleinen, sehr lebhaften Orangmädchen wurden inzwischen (1916) alle Schattierungen vom ärgerlichen Herummachen mit Komponente auf den Feind bis zu vollendeter Waffenverwendung beobachtet.
Bei Furcht ist die Aktionsrichtung genau um 180° gedreht, aber bekanntlich wieder sehr fest. Als müßten sie Kraftlinien folgen, rennen manche Tiere gerade vor dem Automobil und in seiner Fahrtrichtung fort, obwohl schon eine kleine Abweichung sie viel eher retten würde.
vgl. jedoch unten S. 176.
Die Kleinen können zu Anfang höchstens in vereinzelten Fällen und ohne gleichzeitige Gelegenheit zum Nachahmen das Nestbauen Tschegos gesehen haben. Ich meine, sie brauchen dies Vorbild gar nicht.
Geburt und Säuglingspflege beim Schimpansen sind erst neuerdings beobachtet und beschrieben worden (von Allesch, Berichte der Preuß. Akad. d. Wiss. 1921).
Daß Tschego im Kreisspiel das Gehen rhythmisch zu stilisieren anfängt, ist ebenso gewiß wie die Tatsache, daß es ihr in andern Fällen mehr auf die Raumform der Körperbewegung ankommt, während der Rhythmus zurücktritt.
Vgl. auch Psycholog. Forsch. I, S. 35 und Reichenow, Naturwissensch. 9, S. 73 ff. 1921.
Ganz ähnlich sind Ausführungen von H. Lotze im „Mikrokosmos“ gerichtet, nur ist dort vom Zylinderhut die Rede, und auch diesen würden die Schimpansen mit Jubel verwenden.
Vgl. Psychol. Forsch. I, S. 41ff.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Köhler, W. (1921). Werkzeuggebrauch (Fortsetzung: Umgang mit Dingen.). In: Intelligenzprüfungen an Menschenaffen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47574-0_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-47574-0_4
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